Das Busfahren nach Vilnius verlief so sehr ohne Probleme, der Bus war 45 Minuten zu früh am Zielort und vor lauter Übermut und keiner Lust gerade auf große Städte, bekam ich direkt noch einen Zug nach Klaipeda. Der war moderner als der Zug davor und hatte eine freundliche Schaffnerin, die meinte ich solle erstmal durchatmen, Ticket kann sie mir immer noch verkaufen, die Fahrt ist ja lang genug. Welche schöne Gelassenheit. Insgesamt waren das an dem Tag >8 Stunden in öffentlichen Verkehrsmitteln, das war schon sehr lang.
Leider buchte ich das Zimmer für Klaipeda auch erst während der Fahrt, später stellte ich fest, dass Stadtfest war, das erklärte dann auch den Preis, der im Vergleich, was ich sonst bereit bin zu zahlen, doch deutlich drüber lag und immer noch das zu dem Zeitpunkt günstigste war. Einmal tief schlucken. Immerhin gab es eine Waschmaschine im Zimmer, yeah, Wäschewaschen war sowieso überfällig und weil ich gerade so einen Lauf hatte, habe ich abends um kurz nach 10 noch eine Maschine angestellt, das Sportzeugs trocknet ja schnell, alles hübsch im Zimmer verteilt. Den Herd bekam ich allerdings nicht an, das war ärgerlich, denn zum Essen war an den Tag noch keine Gelegenheit gewesen. Das kann am nächsten Tag kritisch werden, Hungerast ist furchtbar. Also eben Müslikekse und Thunfischdose leer essen. Was halt da ist. Auf die Straße konnte ich nicht mehr ohne größeres Aufsehen, die Wäsche war ja schon in der Maschine. Und inzwischen waren im verschlafenen Klaipeda auch die Restaurants zu. Tja. Und das alles, um am nächsten Tag bei Sonnenschein und 30 Grad über die Nehrung zu radeln.
Das zumindest gelang auch noch. Alleine war ich nicht, die halbe Stadt schien auf diese Fähre zu wollen, alles Radler und Fußgänger, alle ab an den Strand. Doch wer einmal versucht hat, ein Gepäckrad durch Körpereinsatz weg zu drängeln, wird es vermutlich nicht so schnell noch mal probieren, das geht schief für die Drängler und so kam ich gut an Bord.
Die Fahrt auf der Nehrung war bis Juodkrante wundervoll auf dem Radweg durch die Kiefern und Dünen, mächtige und auch krumme Kiefern gibt es dort. Oft wachsen sie schief, der Wind kommt meistens von Westen. Juodkrante selbst ist bezaubernd mit seinen alten Holzhäusern.
Doch ich wollte ja nach Nida.
Dann kam die Radwegbaustelle und was nicht kam, war irgendein Hinweis, wie lang sie ist, wo man statt dessen fahren kann, wie man sich als Radlerin verhalten soll.
Nichts, nada.
Es kamen nur Radfahren- und Fußgänger-Verboten Schilder. Sowohl an der Autostraße als auch an der Radweg Baustelle. Und sonst war da nichts. Die Nehrung ist lang und dünn, da passt außer Wald, Dünen und Strand auch nichts mehr.
Also fuhr ich erst auf der Baustelle, es war ja Sonntag, keine Bauarbeiten Tätigkeiten. Irgendwann ging es nicht mehr, da war es einfach zu geröllig. Aber weil Sonntag war und sowieso alle am Strand, keine Lkw, war auch auf der Straße nichts los und ich kam dort bis Nida. Ca 35km sind es ab Juodkrante.
Doch der Lauf, den ich hatte, der war zu Ende. Es wurde alles komplizierter.
Zunächst einmal kamen heftige Regengüsse in der Nacht und ich stellte erst zwei Tage später fest, dass etwas ins Zelt gelaufen war. Super ärgerlich, super nass. Super blöd zu trocknen, vor allem, wenn es regnet. Das tat es dann auch zwei Tage später beim Abbauen.
Dann betrieb ich am kommenden Morgen „Jugend-forscht“ um herauszufinden, wie das mit den Tickets für die Fähre nach Vente ist. Ich wollte ins Memel Delta übersetzen. Nach vielen unzähligen Webseiten und schwierigen Telefonaten, E-Mail war auch mit im Spiel, war klar, dass die Fähre erst wieder in 5 Tagen fährt. Due to unforeseen circumstances. Es gab noch ein Boot nach Minija, doch das kam erst sehr spät Abends an und der Typ am Telefon sprach nur litauisch und russisch und so war nicht herauszufinden, ob man in Minija zelten kann und dort etwas zu essen bekommt. Das war mir alles zu unsicher, das war mir auch alles zu langwierig. Nida ist wunderschön, das stellten wir ja schon vor 7 Jahren fest, doch bei Regen ist es auch öde und irgendwann kennt man auch die Dinge. Ich wollte ins Memel Delta und gerne ohne im Regen rumzusitzen und zu warten.
Blieb dann also nur strampeln, zurück nach Juodkrante, die Fähre dort fährt 3x am Tag.
Doch da war ja die Bundesstraße. Und die Baustelle des Radweges.
Von dieser Richtung gab es allerdings Schilder, sehr hübsche Schilder, die sagten, ab wann und wo alles gesperrt sei. Was statt dessen zu tun sei, das sagten sie nicht.
Erstmal, das war dann auf dem Weg zurück nach Juodkrante und mit Hektoliter Weise Regen, sagte eine Anwohnerin, als sie mich auf einer Bank unter einem Baum vor dem Regen geschützt Mettwurst essender Weise an der Straße sitzen sah: do you want tea? Yes, wollte ich, und bekam nicht nur Tee mit Honig vor ihrem Haus sondern auch ihre Geschichte. Eine schöne Einladung zur Langsamkeit. Das war wohltuend, ich wurde allerdings auch plötzlich weiter geschickt von ihr. Und gleichzeitig denke ich schon: vielleicht war ich zu schnell und zu ungeduldig in letzter Zeit. Ich brauche mehr do-you-want-tea Zeiten.
Dann kam die Bundesstraße. Es war schon mehr los als Sonntag. Irgendwann, nach 2km oder so, war laute Sirene hinter mir. Ja, ich wurde wirklich von der Polizei angehalten. Nachdem ich mich auf englisch entschuldigte, dass ich ihre Sprache nicht spreche, kam das, was kommen musste. Doch meine Frage, was ich stattdessen tun könnte, ich finde es ja auch nicht lustig an so einer Straße und ohne Hinweise, diese Frage, die konnten sie mir auch nicht beantworten. Ich kam mit einer Verwarnung davon und bedankte mich, sogar mit Kusshand und hatte Glück. Noch 4km weiter kamen mir welche auf dem Baustellen Weg entgegen und ich wechselte dorthin.
Davor hatte ich viel mehr Bammel: Bagger, Kies Lkw, Walzen, Teer Maschinen. Richtig schweres Zeugs.
Doch die Jungs, die dort arbeiteten, die waren entspannt wie ein ganzer Yoga Kurs. 2x bin ich in die Kiefern geschoben und ausgewichen. Einer pennte in seinem Bagger, der hat gar nichts gemerkt. Dann kamen Kies Lkw: 2 warteten auf ihren Einsatz, einer auf freie Fahrbahn, um einen weiteren, der gerade streute und mit einem Bagger zusammen arbeitete, schob ich herum, durch weichen nassen Sand. Puh! Keiner schien sich dafür zu interessieren, dass ich höchstgradig verboten handelte.
Zuletzt kam die dicke Walze. 5-6 Leute drum herum, die sahen nach Aufseher oder Vorarbeiter aus. Ein einzeln Gehender, der kam auf mich zu, während ich mir das alles so betrachtete. Nach dem üblichen litausch-sorry that i don’t speak your language sagte er: Straight? No Problem!!! Walze machte kurze Pause und ich eilte Juodkrante entgegen.
Hier bin ich nun, habe ein Zimmer und darinnen alles verteilt, was trocknen muss. Zelt, Matte, Schlafsack, Regenkleidung.
Und dieses Straight no Problem, das würde ich gerne mitnehmen für die nächsten Tage durchs Memel Delta (wo es kaum Brücken gibt), um das Kaliningrader Gebiet herum und bis nach Polen.
Als Motto.
Kommentar verfassen