Ich wollte hier ja eigentlich regelmäßig und öfters schreiben. So richtig häufig sind quartalsweise Artikel nun leider nicht, das war anders geplant. Aber frau kommt ja zu nix. Schlimm.
Diese Geschichte hat sich am Stuttgarter Flughafen im Frühjahr 2007 zugetragen.
Ich war damals noch keine Vegetarierin und befand mich auf der Rückreise vom Familienbesuch am westlichen Bodensee. In der Gegend, genauer im Badischen, da gibt es diese Wurst, die schmeckt nach Kindheit, Wurschtsalat von Tante Hilde, badisch-sprechenden Menschen und ganz viel wunderbaren Erinnerungen: Lyonerwurst. Man muss das nicht kennen, aber wenn man es erlebt hat, dann versteht man sofort, warum man sich solch eine Wurst als kulinarisch-nützliches Souvenir mit nach Norddeutschland bringt. Egal. Ich tat das und reiste gleichzeitig mit leichtem Gepäck – also Lyonerwurst mit Handgepäck darum herum.
Sicherheitskontrolle Flughafen Stuttgart. Mein Rucksack schafft es nicht auf Anhieb durch die Sicherheitsschleuse, wird beiseite gelegt und nachdem ich selbst den üblichen Scan hinter mich gebracht hatte, kam die freundliche Anfrage, ob die Sicherheitskontrolleurin denn mal meinen Rucksack mitsamt Inhalt genauer anschauen dürfe. Ja klar. Jede andere Antwort hat vermutlich unangenehme Konsequenzen.
Die Frau fischte zielgerichtet nach der Wurst, fand sie sofort, beförderte sie am Wurstband ans Tageslicht, hielt sie in die Höhe ins helle Licht und frage mit einem gewissen Triumph in der Stimme:
– Was ist denn das?
Spürnase hatte etwas gefunden.
– Eine Lyonerwurst.
Ich gab sofort alles kleinlaut und zerknirscht zu, was sollte ich denn auch anderes tun. Die Wurst war in meiner Phantasie bereits futsch und konfisziert. Wie enttäuschend und traurig, nicht mal das war mir gegönnt, die Vorfreude auf den Wurschtsalat war dahin und machte spontan einer Resignation Platz.
– Achso, eine Lyonerwurst, ja dann. Das war wiederum die enttäuschte Reaktion der Taschenkontrolleurin. Sie klang auch ein wenig traurig.
Das wiederum machte mich stutzig, die Enttäuschung in ihrer Stimme war deutlich zu erkennen, der Triumph nahm ein jähes Ende. Wieso sie das denn jetzt so sage, fragte ich irritiert, was den mit der Lyonerwurst sei, ob da was nicht mit Stimme. Die Wurst sei kein Problem, es ist überhaupt nichts damit, alles ist in Ordnung, klärte sie mich auf: weil sie fest sind. Wenn es eine Leberwurst gewesen wäre, dann wäre es ein Gefahrgut und damit ein wirkliches Problem gewesen. Die Frau sprach in Rätseln. Warum denn Leberwürste Gefahrgüter wären, Lyonerwürste jedoch nicht? Ich wollte es jetzt einfach ganz genau wissen. Die Antwort war deutlich: Weil man sie verstreichen kann und damit zählen sie zu Flüssigkeiten und dürfen nicht einfach so im Handgepäck an Bord eines Flugzeugs befördert werden. Ach so, wieder was gelernt… Leberwürste sind Flüssigkeiten und damit ein Gefahrgut. Zumindest für die Sicherheitskontrolleure an Flughäfen. Faszinierend. Und eine gewisse Freude war da auch, an diesem Loriot-haften Dialog, in völligem Ernst über Absurditäten geführt.
Ein paar Wochen danach reiste ich mit einer sehr billigen irischen Fluggesellschaft nach Schottland. Und wie das bei diesen sehr billigen Fluggesellschaften so ist, wenn es etwas länger dauert, bringt man sich für den Flug am besten etwas zu futtern mit.
Am Check-In des kleinen norddeutschen Flughafens (inzwischen ist er pleite, aber das hat nichts mit dieser Geschichte zu tun), wurde ich, wie üblich nach möglichen Gefahrgütern befragt, die sich unter Umständen in meinem Gepäck befinden könnten. Diese Frage konnte ich mit einem „ja, ich habe Leberwurstbrötchen dabei, aber eins ist schon angebissen“ beantworten. Das Gesicht der Dame am Check-In war plötzlich eingefroren, erstarrt, sie schaute mich einfach nur an. Völlige Sprachlosigkeit, kein noch so kleines mögliches Zucken war erkennbar. Ich sah mich gezwungen, meine Antwort zu erklären und konnte mit meinem nur wenige Wochen zuvor erworbenen Wissen glänzen, dass Leberwurst ja nun eine Flüssigkeit sei und damit ein Gefahrgut und deswegen problematisch und was ich denn jetzt tun solle, ich hätte das einfach nicht bedacht, als ich mir mein Lunchpaket fertig gemacht hatte.
Die Dame fand dann ihre Sprache zurück und schickte mich mit einem „nicht wenn sie auf ein Brötchen geschmiert ist“ weiter.
Guten Appetit und guten Flug.
Kommentar verfassen